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Kanadische Schule vs. deutsche Schule

Nun bin ich schon drei Wochen in Kanada und habe die üblichen Routinen und den Alltag in der kanadischen Schule miterleben dürfen. Ich habe mich erst einmal ein bisschen hier einleben müssen und bin mit vielem sehr eingebunden, aber ich habe mir fest vorgenommen, mir in Zukunft etwas mehr Zeit für das Schreiben in meinem Blog zu nehmen. Zum Leben hier- manche Dinge sind gleich oder ähnlich, aber es gibt auch Angewohnheiten, die sich komplett von den Deutschen unterscheiden. Beispielsweise, dass hier Mittags zum Lunch nur ein Sandwich oder ein anderer kleiner Snack gegessen wird und dafür erst abends warm gegessen wird. Bei mir sieht das dann so aus, dass ich zweimal am Tag richtig esse. Vielleicht liegt es daran, dass ich es in Deutschland gewohnt bin mittags zu essen, vielleicht aber auch einfach daran, dass das Essen hier in der Cafeteria wirklich super ist, da es von den anderen Schülern zubereitet wird. Es sieht so aus, als würde es super viel Spaß machen und manchmal frage ich mich, wie es wohl wäre in diesem Kurs zu sein. Aber beschweren kann ich mich mit meinen Kursen absolut nicht!! Mittlerweile habe ich mich ein bisschen an das kanadische Schulsystem gewöhnt, es ist nämlich wirklich ein großer Unterschied zu der Schule in Deutschland. Schule ist natürlich auch hier ein Ort zum Lernen und gleichzeitig aber auch ein Ort, um Spaß zu haben, Hobbys auszuüben und kreativ zu werden. Aus meiner Sicht, ist Schule und Freizeit bei uns sehr separiert und hier sehr verbunden. Die Lehrer erzählen von ihren Erlebnissen außerhalb der Schule, man lernt sie kennen, denn sie lassen die Schüler sehr an sich heran kommen und andersherum, sieht es ähnlich aus. Ich liebe es, dass jeder genauso akzeptiert wird, wie er ist. Jeder hier ist anders, jeder ist individuell, manche kommen mit High-Heels zum Unterricht, andere mit Schlappen-jeder eben so, wie er sich wohlfühlen. In Drama beispielsweise, müssen wir unsere Schuhe einfach alle ausziehen, denn wenn man sich wohl fühlt, kann man besser lernen. „Lernen“ hat hier eine ganz andere Bedeutung als bei uns. In Deutschland verbinden viele lernen mit Stress, Arbeit und man fühlt sich durch die Noten oftmals sehr unter Druck gesetzt. Hier ist lernen jeder kleine Erfolg, über den man sich gemeinsam freut. Noten sind sehr Nebensächlich und das Ziel ist es, die Schüler zu motivieren und ihnen klarzumachen, was wirklich wichtig ist. Hier wird ein sehr großer Wert auf Kreativität, Fantasie und vor allem, Lernerfolg gelegt-nach dem Motto „Verstehen durch Freude“. Ja, auch in Deutschland gibt es entspannte, nette Lehrer, die nach diesem Motto arbeiten. Die meisten von ihnen vertreten aber das Lernen durch Druck, Noten, Tests und Arbeiten. Meiner Meinung nach, sind die Lehrer in Deutschland alle sehr unterschiedlich und jeder von ihnen lehrt mit der eigenen Überzeugung. In Kanada haben alle die gleiche, oder zumindest eine sehr ähnliche, Überzeugung, alle Lehrer verfolgen das gleiche Ziel und sie versuchen es auch alle, auf einem sehr ähnlichen Weg zu erreichen. Ein paar Beispiele: In Psychologie bringt uns Mr.Novak oft Süßigkeiten oder Donuts von Tim Hortons mit, die als Motivation und Belohnung dienen sollen. Außerdem ist der Unterricht sehr Vielfältig. Manchmal hören wir ein Podcast, manchmal schauen wir ein kleines Video, wir bekommen Zeit über Dinge in unserem eigen Leben nachzudenken, was wir in unserem Alltag außerhalb der Schule vielleicht verbessern könnten, was gut läuft oder was uns persönlich wichtig ist. Zwischendurch gibt es dann spielerische Wettkämpfe (ja, auch in einem Kurs der zwölften Jahrgangsstufe), bei denen wir motiviert werden etwas Besonders zu schaffen.Beispielsweise, so viele Wörter wie möglich, in einer bestimmten Reihenfolge und begrenzten Zeit, zu lernen. Im Drama-Kurs sind Schüler, deren Alter sich teilweise um 4 Jahre unterscheidet (14-17/18). Das Ziel ist es, dass die älteren Schülern die jüngeren korrigieren und ihnen helfen, denn hier ist man der Überzeugung, dass Schüler sehr gut von Schülern lernen können. Wir starten unsere Drama-stunde/n jeden Tag mit einem Sitzkreis im Theater. Jeder stellt sich vor und jeden Tag überlegen wir uns ein neues Thema, zu dem jeder dann ein bisschen was erzählen soll. Das sind dann Themen wie zum Beispiel, was wir an dem Tag schon für ein außergewöhnliches Ergebnis hatten oder es gibt eine Vorschrift, wie man sich vorstellen muss. Sagen wir mal, wir müssen uns authentisch, enthusiastisch, auf unsere eigene Art und Weise Vorstellen und danach einen passenden Fakt dazu erzählen. Das sind dann Dinge wie Träume, gesehene Instagrambeiträge mit Besonderer Botschaft oder ein Erlebnis der Vergangenheit. In unserer Klasse ist ein beeinträchtigtes Mädchen in unserem Alter (Kayla) und Mr. Taylor hat eine unfassbar tolle Bindung zu ihr. Er bringt sie oft zum Lachen, bindet sie mit ein und tanzt mit ihr oder wir trommeln alle zusammen mit ihr/für sie. Wir spielen viele Spiele im Zusammenhang mit Gestik und Mimik und jeder macht das, was er möchte und was er kann, keiner wird zu irgendwas gedrängt. Wenn es mal etwas stressig ist, dann dehnen wir uns und entspannen etwas. Dann spielen wir Spiele, bei denen wir uns lustige Geschichten ausdenken oder, oder, oder. Wenn irgendein Thema in den Raum geschmissen wird, nehmen wir uns Zeit dafür, beschäftigen uns damit. Wir haben uns zum Beispiel auch schon mit der Geschichte der „First Nation“ beschäftigt. Dieser Kurs hat etwas sehr besonderes, denn dort werden die wirklich wichtigen Werte weiter gegeben. Es ist schwer es zu beschreiben, ich denke, man muss dabei gewesen sein, um das wirklich nachvollziehen zu können. Ich glaube in der ganzen ersten Zeit ist noch keinmal die Worte Wertung oder Beurteilung gefallen. Auch in meinen anderen beiden Kursen ist das nicht wirklich anders. Unsere Kunstlehrerin, Mrs. Hall, bewundert jedes unserer Bilder, als wäre es das schönste Kunstwerk, das sie je gesehen hat. Kreativität ist in diesem Kurs sehr hoch geschrieben und sie unterstützt und dann, bei der Umsetzung unserer Ideen. Für sie ist Kunst nicht nur ein einfaches Bild mit Farbe, sondern auch alles darüber hinaus. Wir sind dazu aufgefordert Texte, die uns inspirieren oder Bilder, die wir mit den Themen verbinden, mit in unsere kleinen Kunstwerke einfließen zu lassen. Solange man immer sein Bestes gibt, ist bei ihr alle Ideen eine gute Note wert. In Outdoor Education geht es vor allem darum, die Natur zu respektieren, aber sie gleichzeitig auch zu nutzen und zu bewundern. Wir lernen in Notfallsituationen draußen zu überleben. Wir waren diese Woche an einem sehr schönen See angeln und haben selber Zelte im Wald gebaut. Ein großer Unterschied zur deutschen Schule ist hier auch, dass das gelernte viel mehr praktiziert wird. Alles, was man auf praktischem Weg gut verstehen kann, wird auch auf diese Art und Weise gelernt. Theoretisch ist der Unterricht nur, wenn die Lehrer der Überzeugung sind, dass es auf diesem Weg verständlicher ist. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich in der Schule manchmal etwas unterfordert fühle oder es ein bisschen langweilig wird, weil ich es einfach anders kenne. Aber dadurch, dass ja alles auf Englisch ist, ist auch der Unterricht hier manchmal eine Herausforderung(was ja auch so sein soll). Vor allem in Psychologie, fällt es mir manchmal ein bisschen schwer, da ich viele Vokabeln in diesem Bereich nicht kenne und, weil man gleichzeitig überlegen und innerlich übersetzten muss. Ich habe akzeptieren müssen, dass ich nicht immer alles antworten kann, was mir gerade durch den Kopf geht. Normalerweise würde ich es lieben, in einem Fach wie Psychologie viel mitzuarbeiten und es ist manchmal ein bisschen ärgerlich, dass mir Vokabeln fehlen, zumal ich sehr viel des Unterrichtsinhaltes verstehe. Ich glaube jedoch, dass das sich mit der Zeit nur verbessern kann. Mit der Frage, welches Schulsystem (Kanada oder Deutschland) ich bevorzugen würde, bin ich ehrlich gesagt ein bisschen überfordert, denn Beide haben sowohl Vor- als auch Nachteile….

Ein Kommentar

  • Ann-Kathrin

    Oha, interessant!! Danke für die schönen Einblicke.
    Mit den Vokabeln, kleiner Tipp: 5 Wörter (oder nur 3, jeden Tag dieselbe Anzahl) an Neugelerntem aufschreiben, oder aktiv neue Vokabeln nachblättern. Dann jeden Tag diese Anzahl an neuen Wörtern lernen. Am besten immer zu einer bestimmten Uhrzeit. Unser Gehirn arbeitet mit aktivem und passivem Wortschatz tatsächlich muss man es beim Sprachenlernen unterstützen, indem man die Wörter aktiv auswendig lernt. Es kann sein dass du irgendwann ALLES verstehst, weil du die Sprache so viel hörst, damit erweitert sich dein passiver Wortschatz. Aber der Aktive, wenn du dich ausdrücken willst, erweitert sich nur durch altmodisches Vokabellernen. (leider…)
    Freue mich auf neue Blogartikel!

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